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Muttertag



Gedichte zum Muttertag

Muttertagswünsche

Ein kleines Kind,
Was kann das seiner Mutter geben
Zum Angebinde?
Ein Herzchen, dankbar, weich und lind,
Ja, diese Blume will ich geben;
Und, schenkt mir Gott ein langes Leben,
Auch Früchte die gereifet sind.

Poetische Bibliothekar 1845; Muttertagsgedicht : Muttertagswünsche

 

Die Mutter

Zum erstenmal, seitdem sie Mutter ist,
Verlässt sie heut das Bett. Und immer wieder
Vom Kinde, das sie in der Wiege küsst,
Geht sie zum Fenster freudig auf und nieder.

O, wie so glücklich sieht sie heut hinaus:
Die Straße drunten mit den Krämerfrauen,
Die Werkstatt drüben in dem kleinen Haus,
Nun darf sie alles, alles wieder schauen.

Da sieht sie drüben jenes arme Weib,
Das sie so oft mit bangem Blick gesehen,
Gleich ihr gesegnet an dem jungen Leib,
Mit ihrem Kind am offnen Fenster stehen.

Auch die schaut her. Sie schaun sich lange an
Wie zwei Soldaten nach erkämpftem Siege.
Die Arme grüßt; die Reiche dankt. Und dann,
Dann eilt sie glühend zu des Kindes Wiege.

Sie beugt sich nieder, nimmt ihr Kind hervor
Aus seines Bettchens spitzenreicher Seide,
Zum Fenster eilt sie, hebt es hoch empor:
Wie Priester mit Monstranzen stehn sie beide!

Hugo Salus 1866 – 1929; Muttertagsgedicht : Die Mutter

 

Mutterglück

Heut im Vorübergehen,
Im Stadtgedräng’ und Gewirr,
Auf einer Promenade,
Sah ich ein Prachtgeschirr.

Auf Gummirädern rollte
Die Equipage weich,
Lakai und Kutscher thronten,
Einem ehernen Bilde gleich.

Die Morgensonne schien blendend
Im losen Sommerwind,
Im offnen Wagen saßen
Die Mutter und ihr Kind.

Die Mutter bog sich selig
Zu ihrem Liebling vor,
Das lockenlustige Mädel
Streckte lachend die ärmchen empor.

Am selben Tage ging ich
Weit draußen vor der Stadt,
Vom Menschengewimmel genesen,
Ich war der Unruh’ satt.

Da kam mir zwischen den Gärten
Ein Wägelchen in Schau,
Eine rollende Kinderkarre
Von einer Arbeiterfrau.

Die Sonne flimmerte schläfrig
Im lieben Abendwind.
Die Mutter schob die Karre,
Den Kutscher spielte das Kind.

Die Mutter bog sich selig
Zu ihrem Liebling vor,
Das lockenlustige Mädel
Streckte lachend die ärmchen empor.

Detlev von Liliencron 1844 – 1909; Muttertag Gedicht : Mutterglück

 

In Mutteraugen

Sahst doch schon die Abendsonne
Sich als goldnen Strom ergießen
Und die weite Welt in Wonne
Wie mit Liebesglanz umschließen?

So auch flammt ein goldner Schimmer
Einmal noch in Mutteraugen,
Eh’ sie glanzlos und auf immer
In die große Nacht vertauchen.

Karl Ernst Knodt 1856 – 1917; Spruch zum Muttertag : In Mutteraugen

 

O Mutter wäre das Leben

Wie du so gut , so schön,
Mit lichtem Mantel schweben
Wollt’ ich durch Tiefen und Höhn.

Auf meinem Haupte die Krone
Von sonnengold’nem Kristall,
Säng’ ich zu deinem Lohne
Lieder von silbernem Schall.

Der Menschen besänftigt Gewimmel
Lauschte in frommer Ruh,
Droben aus blauem Himmel
Nickte mir Jesu zu.

O Mutter, wäre das Leben
So schön und gut wie du –
Wir aber alle kleben
Im Staube immerzu.

Karl Henckell 1864 – 1929; Muttertagsgedicht : O Mutter, wäre das Leben . . .

 

Erlebnis

Oft denk ich deiner nicht durch Tag und Stunden,
Das Leben treibt mich strudelnd hin und her;
Dann kommen Nächte, taub und dumpf und leer,
Dann, Mutter, dann muss ich durch dich gesunden.

Wie oft nicht hab ich’s seltsam süß empfunden,
Als legte auf mein Haupt so heiß und schwer,
Sich eine Hand wie eine heil’ge Wehr,
Sanft, leis und lieb, bis mich der Schlaf gefunden.

O Mutterhand, hilfst du mir auch durch’s Morgen?
Ich werde zag, gedenke all der Sorgen,
Der Wünsche aller, die durch mich zu dir

Geflossen aus dem Mutterherz, dem warmen,
Und doch, das Schicksal muss sich ja erbarmen,
Sonst, Mutter, wie bestünde ich vor dir?

Walter Flex 1887 – 1917; Spruch zum Muttertag : Erlebnis

 

Lied der Mutter

Ihr Kinder, es ist Essenszeit!
Halt’ jedes seinen Mund bereit,
Ihr Großen, nehmt Löffel und Gabel,
Ihr Kleinen aber, gebt mir acht,
Dass ihr das Kleid nicht schmutzig macht,
Und öffnet weit den Schnabel!

Was, Kinder, ist die Suppe fein?
Ich tat ein gutes Ei hinein,
Das ist eine Kaisersuppe!
Die Henne machte gluck, gluck, gluck –
Du einen Schluck, du einen Schluck
Und einen für die Puppe.

So, Kinder, wischt euch hübsch den Mund,
Ein Stückchen Fleisch macht Mädel rund
Und Buben zu Soldaten:
Ein Stückchen du, ein Stückchen du,
Und macht mir kein Gesicht dazu!
Es gibt nicht immer Braten!

Habt ihr auch alle den Teller leer?
Sonst gibt es keinen Kuchen mehr,
Kuchen und noch was Feines!
Wer nicht brav ist und Mutter quält,
Bekommt nie mehr ein Märchen erzählt!
Am besten pappt doch mein Kleines!

Hugo Salus 1866 – 1929; Muttertagsgedicht: Lied der Mutter

Die Mutter

Leise atmend, halb entschlummert
Liegt das Kind im Bettchen klein,
Plötzlich durch das offne Fenster
Schaut der Abendstern herein.

Und nach ihm mit beiden Händen
Laut aufweinend langt das Kind:
“Mutter, Mutter, hol’ mir diesen
Schönen Stern herab geschwind!”

“Dummheit!” ruft der Vater zornig
Hinter einem Zeitungsblatt,
“Was der Fratz von dritthalb Jahren
Für verrückte Launen hat!

Denk’ man: dreißig Millionen
Meilen weg und ein Planet,
Der zweihundertvierundzwanzig
Tage um die Sonne geht!”

Doch die Mutter tröstet leise:
“Schlaf’, mein Engel! Diese Nacht
Hol’ ich dir den Stern vom Himmel,
Der dir so viel Freude macht;

Morgen früh, hier auf dem Bette
Findest du den Edelstein” –
Und das Kind, in Tränen lächelnd,
Schläft am Mutterherzen ein.

Hermann von Gilm 1812 – 1864; Muttertagsgedicht: Die Mutter

Mutter unser

Mutter unser, wo bist du?
Niemals sah dich ein Auge;
Denn uns lehrten Jahrtausende
Nur zum V a t e r den Aufblick!
Deines Gewandes Wärme,
Deines Busens muttersame Ruh’,
Wehe aus dem Sternendunkel
Einmal deinen Kindern zu.

Max Bewer 1861 – 1921; Gedicht zum Muttertag: Mutter unser

Madonna

Den Säugling ihrer Schwester hielt mein Mädchen,
Als wären ihre Mutterfreuden echt,
In ihren zärtlichen, besorgten Armen.
Ihr großes Auge war so voll der Liebe
Und ihres Herzens Schlag so mütterlich,
Die Neigung ihres Hauptes so vertraut,
Dass des betrognen Säuglings Mund sich spitzte
Und dass sein Blick, wie auf der Mutter Brust,
Auf meines Mädchens reinem Busen ruhte,
Als wär’s der Hügel seines süßen Brünnleins.
Sein Händchen griff danach aus seinem Kissen,
Sein Zünglein schlürfte.
Und ich stand dabei,
Gerührt auf mein verwirrtes Mädchen blickend,
Und fromm und andachtsvoll und wundergläubig
Und wie die Könige in Bethlehem . . .

Hugo Salus 1866 – 1929; Muttertagsgedichte : Madonna

Aus der Ferne

Mir ist so wohl, mir ist so bang
In meinem Herzen drinn.
Was reißt mich für ein heißer Drang
Zu meinen Lieben hin? –
O sage, was für Töne ziehn,
Mir sehnend durch die Brust? –
Das Auge flammt, die Wangen glüh’n
In heil’ger Lieb’ und Lust. –

So gehe denn mein Seelengruß
Hin in mein Heimatland, –
Da ich ja selber meinen Kuß
Dahin nicht bringen kann.
Und wehe hin und klinge mild
Der Lieben Mutter mein,
Und trage Ihr des Sohnes Bild
In ihre Hütte ‘nein! –

Und stelle es vor ihren Geist
In Andacht flammend dar,
Wie es mit Tränenblicken weist
Auf einen Hochaltar.
Der Altar leuchtet hoch und schön, –
“Geweiht der Dankbarkeit” –
Sein strahlend Heil’genbild wird stehn
Bis in die Ewigkeit.

Denn wie der Sonne Morgenschein
Auf grüne Eichen bricht,
Glüht in die Gegenwart hinein
Der Hoffnung Wunderlicht.
Sie bringet uns die goldne Ruh
In diese Erdenwelt.
Es nicken uns die Englein zu,
Vollziehn, was uns gefällt.

Drum, Hoffnung, wollen wir vertraun
Stets Deinem Blumenstern,
Woll’n glaubensmutig vorwärts schaun,
Liegt auch das Glück noch fern.
Ja Deine goldne Blütenwelt
Umgaukelt auch das Grab,
Und von des Himmels Sternenfeld
Glüht Trost auf uns herab.

Die Festtage des Lebens 1856; Muttertagsgedichte : Aus der Ferne

Mutter! Mutter!

Fortweinen möchte’ ich dies Leben,
So weh ist mir
Ohne dich.
Mutter, noch einmal nur
Sing mir dein Wiegenlied,
Mutter, sing mich zur Ruh.

Michael Georg Conrad 1846 – 1927; Gedicht zum Muttertag : Mutter! Mutter!

Mit einem Blumenstrauß

Hüpfend bring’ ich einen Blumenkranz
und ein Herz voll Freude Dir entgegen;
nimm’s für Deinen mütterlichen Segen,
Mutter, nimm es ganz!
Lieb’ und Dank ist alles, was ich habe,
und dies alles bring’ ich jetzt als Gabe,
und mein Mütterchen verschmäht es nicht.
Dich zu lieben – o wie süße Pflicht! –
Unter allen Freuden wünsch’ ich diese mir allein,
stets Dein liebes, frommes Kind zu sein!

Deklamationssaal 1853; Muttertag Gedicht : Mit einem Blumenstrauß

 

Meiner Mutter

An einem ersten, blauen Frühlingstag,
in einer Kgl. preuß., privileg. Apotheke zum Schwarzen Adler,
bin ich geboren.

Vom nahen Georgenturm,
über den alten Markt der kleinen, weltentlegenen Ordensritterstadt,
zwischen dessen bunt holprigem Pflaster
noch Gras wuchs,
durch die geöffneten Fenster,
läuteten
die Sonntagsglocken.

Niemand “ahnte” was.

Zu Mittag
gab’s Schweinebraten und geschmorte Backpflaumen,
zum Kaffee schon war ich da.

Noch heut,
so oft sie’s mir erzählt,
lacht
meine Mutter!

Arno Holz 1863 – 1929; Gedichte zum Muttertag : Meiner Mutter

 

Bei Überreichung eines Blumensträuschens

Nimm, beste Mutter, dieses Sträuschen hin;
Sieh’ nicht auf seinen Wert, nicht auf den Glanz der Gabe,
Nur auf mein Herz, denn Alles, was ich habe,
Ist dieser Strauß! Doch soll mein Kindessinn
Nur streben, stets gehorsam Dir zu sein,
Und Dich durch Fleiß und Tugend zu erfreu’n.

Vollständige Sammlung von Gelegenheitsgedichten 1852; Gedicht zum Muttertag : Bei Überreichung eines Blumensträuschens

 

Der Mutter treues Walten

Der Mann muss hinaus
Ins feindliche Leben,
Muss wirken und streben
Und pflanzen und schaffen,
Erlisten, erraffen,
Muss wetten und wagen
Das Glück zu erjagen.
Da strömet herbei die unendliche Gabe,
Es füllt sich der Speicher mit köstlicher Habe.
Die Räume wachsen, es dehnt sich das Haus.
Und drinnen waltet
Die züchtige Hausfrau,
Die Mutter der Kinder,
Und herrschet weise
Im häuslichen Kreise
Und lehret die Mädchen,
Und wehret den Knaben,
Und reget ohn’ Ende
Die fleißigen Hände,
Und mehrt den Gewinn
Mit ordnendem Sinn,
Und füllet mit Schätzen die duftenden Laden
Und dreht um die schnurrende Spindel den Faden,
Und sammelt in reinlich geglättetem Schrein
Die schimmernde Wolle, den schneeigen Lein,
Und füget zum Guten den Glanz und den Schimmer
Und ruhet nimmer.

Friedrich Schiller 1759 – 1805; Muttertagsgedicht : Der Mutter treues Walten

 

Meiner Mutter

Mutter aus der Ferne eilst du,
Deinen Sohn zu sehen,
Ach, die kranke Seele heilst du,
Linderst ihre Wehen.

Bin zermartert, bin zerschlagen
Wie im Sturm die Eiche,
Doch bei dir vergeht mein Klagen,
Gute, Milde, Weiche.

Wer der Zeit Meduse schaute
Schon mit jungen Jahren,
Wem’s in Höllentiefen graute,
Früh hinabgefahren:

Lasst ihn in die treuen Augen
Seiner Mutter blicken,
Reine Wonne wird er saugen
Und sich tief erquicken.

Karl Henckell 1864 – 1929; Muttertagsgedichte : Meiner Mutter

 

Mutter

Alles, was schön ist, alles, was heilig,
Nennet das Wort dir:
Eine Mutter!
Alles, was Liebe, alles, was Güte,
Das ist ein Hort mir:
Meine Mutter!

Bist du vereinsamt, weit in der Ferne,
Denk nur an jene, die dich geboren,
So wird’s dir Trost sein; all deine Leiden
Nimmt sie hinfort dir:
Deine Mutter!

Den nur beklag ich, der nie genossen
Mütterlich Lieben, mütterlich Walten.
Alles, was Leid heißt, trostlos Entbehren,
Klingt in dem Wort dir:
Keine Mutter!

Richard Zoozmann 1863 – 1934; Muttertagsgedicht : Mutter

 

Das Mutterherz

Willst du auf die Erde,
Sprach der Herr zu mir,
Brauchst du Liebe,
Die dich schützt,
Brauchst du Treue,
Die dich nie verlässt.

Doch wirst du auf Erden
Finden nicht so bald
Lieb und Treue
Echt und heilig;
Darum geb’ ich dir
Von meiner mit.

Und ich will sie legen,
Liebes Menschenkind,
Dass du findest
In der Trübsal
Diese Gaben,
In das Mutterherz.

Peter Rosegger 1843 – 1918; Muttertagsgedichte : Das Mutterherz

 

Muttertränen

Die Mutter wiegt ihr Kindlein
Beim einsamen Lampenschein:
“Mein kleines Kind, mein glückliches Kind!
Welch Glück, so klein zu sein!

Das Glück ist wie ein Hemdlein,
Es sitzt so gut und fein;
Doch mit den Jahren wächst man draus
Und wächst sich nimmer drein!”

Die Mutter wiegt ihr Kindelein
Und sieht es an und weint;
Das Kindlein lächelt still empor,
Und weiß nicht was sie meint.

“So sah mir auch meine Mutter
Oft weinend ins Gesicht,
Ich lächelte still zu ihr empor
Denn ich verstand sie nicht.

Du hast mich erst ihr Weinen
Verstehn gelehrt, mein Kind:
Denn nur ein Mutterherz versteht,
Was Muttertränen sind!”

Johann Gabriel Seidl; Spruch zum Muttertag : Muttertränen

 

Ein verlorner Sohn

Wes ist das Licht, das durch die trübe
Sternlose Nacht so tröstlich blinkt?
Das Lämpchen ist’s der Mutterliebe,
Das heimwärts dem Verlornen winkt.

Ein armes Weib in enger Klause
Wohnt dort, ihr Haupt ist altersschwer;
Vor Jahren zog vom Elternhause
Der einz’ge Sohn fort übers Meer.

An ihres Fenster kleine Scheibe
Sie nächtlich drum die Lampe stellt,
Dass, wenn zurück ihn Sehnsucht treibe,
Der düstre Pfad ihm sei erhellt.

Denn “Heute muss er wiederkehren!”
Entfachend jener Lampe Schein,
Spricht täglich sie mit bittren Zähren,
Eh’ sie des Abends schlummert ein.

Und wenn sie früh die müden Glieder
Vom Lager hebt, beim Morgenrot,
Ruft betend sie: “Heut kehrt er wieder!”
Sie weiß es nicht, dass längst er tot . . .

Es hat die Nachbarin, die gerne
Das Neuste stets im Dorf erzählt,
Auch einen Sohn jenseits des Meeres,
Der drüben blieb und sich vermählt.

Der hat es ihr schon längst geschrieben,
Dass tot der Sohn der Alten sei;
Jedoch der armen Frau zuliebe
Verwahrt sie das Geheimnis treu.

Und wenn sie Sonntags in der Kirche
Die Alte fragt: “Nun kehrt er bald?”
Spricht lächelnd sie: “Geb’s Gott”, die Tränen
Im Aug’ rückdrängend mit Gewalt.

Im Zorne war er einst geschieden
Fort übers Meer zum fernen West,
Doch sie kann sterben nicht in Frieden,
Eh’ sie ihr Kind ans Herz gepresst.

Siech ist ihr Leib, grau sind die Haare,
Und ihre Hände zittern schon,
Doch spinnt und darbt sie, dass sie spare,
Wenn heim er kehrt, für ihren Sohn.

O Mutterliebe! Quell der Schmerzen,
Von Gottes ew’gem Angesicht
Abglanz im sünd’gen Menschenherzen,
Du harrst, du hoffst und zweifelst nicht!

Lass trostreich deine Leuchte blinken,
In dunkler Nacht den hellsten Stern,
Der Tag, wo du den Sohn wirst finden,
Harr’ aus und hoff’, ist nicht mehr fern!

Günther Walling 1839 – 1896; Gedicht zum Muttertag : Ein verlorner Sohn

 

Meine Mutter

Du warst so jung noch, ach, so jung und gut
Und musstest sterben . . . Lange, bange Nächte
Saß ich bei dir an deinem Krankenbett,
Die schlanken, hagren Hände in den meinen,
Und horchte lautlos deinen Atemzügen.
“Ich bin so müde” und “Ich hab’ dich lieb” . . .
Wie diese Worte mir das Herz durchdrangen,
Und wie dein Lächeln mir das Herz zerriss,
Dies Dulderlächeln, drin sich Todesangst
Mit heißer Liebe, Mutterliebe mischte. –
Und im Dezember, spät am Abend, war’s,
Das Dunkel sah von draußen durch die Fenster,
Und durch das Zimmer floss gedämpftes Licht.
Du keuchtest schwer – war das der Tod, der Tod?
Griff er nach dir mit dürren Knochenhänden,
Nach deinem Herzen, das so voll einst schlug?
Ich horchte reglos. Zögernd ging der Zeiger
Der zehnten Stunde zu . . . da brach dein Atem,
Die große Ruhe kam, es war vollbracht . . .
Ich aber ging hinaus in Nacht und Nebel.

Drei Tage später. Seltsam stark und süß
Nach Totenkerzen, tannenen Girlanden
Duftet’s im Zimmer. Von dem schwarzen Sarg
In mattem Silber leuchten Fransen her –
Schlaf wohl, schlaf wohl! Ich will dir Lieder singen.
Du warst das letzte, was ich hier besaß,
Bei dir war alles, denn bei dir war Friede
Und Glück und Heimat . . . Einsam bin ich nun
Und fremd auf Erden. Ach, so jung, so jung
Und muss schon wandern! Doch nur hoch die Stirn!
Das Leben geht – es rollt das Rad der Zeit,
Sieh und fest und treu der Zukunft nur entgegen!
Sturm, lass dein Drohn! Dies Haupt, es ist gefeit,
Es ruht darauf ein heiliger Muttersegen.

Carl Busse 1872 – 1918; Muttertagsgedicht : Meine Mutter

 

Die junge Mutter

Sie hat ein Kind geboren,
Zu höchster Lust in tiefstem Leid,
Und ist nun ganz verloren
In seine stumme Lieblichkeit.

Es blüht zwei kurze Tage,
So dass sie’s eben küssen mag,
Und ohne Laut und klage
Neigt es sein Haupt am dritten Tag.

Und wie es still erblasste,
So trägt sie still den heil’gen Schmerz,
Und eh’ sie’s ganz noch fasste,
Dass es dahin ist, bricht ihr Herz.

Der mit dem Lilienstängel
Sonst tritt aus einem finstern Tor,
Er ging, der Todesengel,
aus ihrem eignen Schoß hervor.

Friedrich Hebbel 1813 – 1863; Gedicht zum Muttertag : Die junge Mutter

 

Der Mutter vorzusingen

Ach wär’ ich ein Vögelein,
Ich wüßt’, was ich tät‘:
Ich lernte mir Lieder
Von morgens bis spät.
Dann setzt’ ich mich dort,
Wo lieb Mütterleib wär’,
Und säng’ ihr die Lieder
Der Reihe nach vor.

Und wär’ ich ein Schuster,
Ich hätt’ keine Ruh’,
Ich machte für mich
Und fürs Mütterlein Schuh‘;
Die wären zum Tanz
Nicht zu kurz, nicht zu lang,
Dann tanzten wir beid’
Nach der Vöglein Gesang.

Und wär’ ich ein Fischlein,
Ich wüßt’, was da wär‘:
Ich tauchte zum Grunde
Tief unten ins Meer,
Holt’ Bernstein und Muscheln –
Ihr glaubt, nur für mich?
Der Mutter den Bernstein,
Die Muscheln für mich.

Und wär’ ich ein Schäflein,
Da hab’ ich im Sinn:
Ich gäb’ alle Wolle
Dem Mütterlein hin,
Die spinnt dann die Wolle
Und strickt sicherlich
Zwei Dutzend Paar Strümpfe
Für sich und für mich.

Und wär’ ich ein Schneider,
Ich wüßt’, was ich sollt’,
Ich macht’ ein paar Kleider
Von Seiden und Gold,
Das eine wär’ groß,
Und das andre wär’ klein,
Der Mutter das große,
Das kleine wär’ mein!

Und wär’ ich der Winter,
Es sollt dich nicht reun,
Das Eis und der Schnee
Müssten Zucker dann sein,
Und die Erde der Kuchen,
Den brockten wir fein,
Meine Mutter und ich,
In den Kaffee hinein.

Doch mancherlei mocht’ ich
Denn doch wohl nicht sein:
Nicht äpfel, noch Kirschen,
Nicht Wasser, nicht Wein;
Denn äßest du mich,
oder tränkst du mich aus,
Dann hätt’ meine Mutter
Kein Kind mehr im Haus.
Der Mutter!

Robert Reinick 1805 – 1852; Gedicht zum Muttertag : Der Mutter vorzusingen

Verspätet

Durch den Abend
Hör’ ich
Meiner Mutter Stimme.

Tief im Garten, hinterm Hag,
Hab’ beim Spiel ich
Mich vergessen.

“Mutter, ja, ich komme!” –
“Mutter, sieh, da bin ich schon!”

Und du breitest deine Arme
Und wie einst ruh’ ich an deinem Herzen. –

Mutter, ach, wie süß hab’ ich geträumt,
Und wie lange ruhst du schon im Grabe –
Ruhst –
Doch als Lichtgestalt
Wandelst selig du
Durch deines Kindes Träume.

Michael Georg Conrad 1846 – 1927; Gedicht zum Muttertag : Verspätet

An meine Mutter

Im tollen Wahn hatt ich dich einst verlassen,
Ich wollte gehen die ganze Welt zu Ende
Und wollte sehn, ob ich die Liebe fände,
Um liebevoll die Liebe zu umfassen.

Die Liebe suchte ich auf allen Gassen,
Vor jeder Türe streckt ich aus die Hände
Und bettelte um kleine Liebesspende –
Doch lachend gab man mir nur kaltes Hassen.

Und immer irrte ich nach Liebe, immer
Nach Liebe, doch die Liebe fand ich nimmer
Und kehrte um nach Hause, krank und trübe.

Doch da bist du entgegen mir gekommen,
Und ach! Was da in deinen Aug geschwommen,
Das war die süße, lang gesuchte Liebe!

Heinrich Heine 1797 – 1856; Gedichte zum Muttertag : An meine Mutter

Mutterliebe!

Allerheiligstes der Liebe!
Ach, die Erdensprache ist so arm,
O! vernähm ich jener Engel Chöre,
Hört ich ihre Töne heilig Klingen,
Worte der Begeistrung wollt ich singen:
“Heilig, heilig ist die Mutterliebe!”

Wie die Sonne geht sie lieblich auf,
Blickt herab, den Blick voll süßem Frieden,
Lächelt freundlich ihren jungen Blüten –
Und die Pflanze sprosst zum Licht hinauf.
Rauhe Stürme ziehen durch die Flur,
Und die junge Pflanze bebet,
Doch die Sonne blickt durch die Natur,
Und die junge Pflanze lebet,
Neu erwärmt von ihrem Blick, und strebet
Höher noch zu ihrer Sonne auf.
Mutterliebe! Du, du bist die Sonne!
O wie leuchtest du der Blüte doch so warm!
O wie heilig ist die Mutterwonne,
Wenn das Kind umschlingt der treue Arm!
So am Abend, so am Morgen,
Nie ermattet sie,
Wacht in Freuden, wacht in Sorgen
Spät und früh;
Sie begießt mit Muttertränen
Ihrer Augen Lust,
Wärmet sie mit stillem Sehnen
An der treuen Brust.

Süße Hoffnung schwellt die Mutterbrust,
Dass die Blüte wird zur Knospe keimen,
Früchte sieht sie in den süßen Träumen.
Heilge, reine Mutterliebe,
Dass sich nie dein stiller Himmel trübe!

Mutterliebe!
Allerheiligstes der Liebe!
Dir ertönten jener Engel Chöre,
Als der Herr zur Erde niederstieg,
Wollt er an der Mutterlieb erwarmen
Und erwachte in der Mutter Armen.
Sinket nieder,
Schwestern, Brüder,

Fleht zu dem, der Mutterlieb erkannt,
Der sie schuf, sein reinstes Seelenband,
Fleht mit uns, ihr Geister unsrer Lieben,
Tragt es aufwärts, unser kindlich Flehn,
Tragts hinauf zu jenen Sternenhöhn,
Werft euch nieder vor des Vaters Thron,
Fallet nieder vor der Mutter Sohn,
Die ich nur mit Scham gestehe,
Dass auf uns er seine Gnade senke
Und den süßen Trost uns immer schenke –
Das segensvolle Heiligtum der Liebe,
Der Mutterliebe!

Wilhelm Hauff 1802 – 1827; Gedichte Muttertag : Mutterliebe

An die Mutter

Obgleich kein Gruß, obgleich kein Brief von mir
So lang dir kommt, lass keinen Zweifel doch
Ins Herz, als wär die Zärtlichkeit des Sohns,
Die ich dir schuldig bin, aus meiner Brust
Entwichen. Nein, so wenig als der Fels,
Der tief im Fluss vor ew’gem Anker liegt,
Aus seiner Stätte weicht, obgleich die Flut
Mit stürm’schen Wellen bald, mit sanften bald
Darüber fließt und ihn dem Aug entreißt,
So wenig weicht die Zärtlichkeit für dich
Aus meiner Brust, obgleich des Lebens Strom,
Vom Schmerz gepeitscht, bald stürmend drüber fließt
Und von der Freude bald gestreichelt, still
Sie deckt und nie verhindert, dass sie nicht
Ihr Haupt der Sonne zeigt und ringsumher
Zurückgeworfen Strahlen trägt und dir
Bei jedem Blicke zeigt, wie dich dein Sohn verehrt.

Johann Wolfgang von Goethe 1749 – 1832; Muttertagsgedichte : An die Mutter

 

Das Mutterherz

Mutterherz, o Mutterherz,
Ach! Wer senkte diese Regung
Diese flutende Bewegung,
Diese Wonne, diesen Schmerz
Süß und schauervoll in dich?

Gott, der Herzenbilder,
Sprach zur roten Flut
In den Adern: Milder
Fließe, still und gut!
Und da strömten Flammen
Alle himmelwärts
In der Brust zusammen,
Und es ward ein Mutterherz.

Mutterherz, o Mutterherz!
Diese liebevolle Regung,
Diese flutende Bewegung,
Diese Wonne, diesen Schmerz
Senke Gott, nur Gott in dich!

Christian Schubart 1734 – 1787; Gedichte Muttertag : Das Mutterherz

 

Deutsch-böhmische Legende

Meiner lieben Heimat junge Mütter,
Eines Kindes frühen Tod beklagend,
Essen Kirschen niemals vor Johanni.
Denn die heilige Muttergottes droben
Sammelt abends in dem Himmelsgarten
Um sich her die frühverstorbenen Kinder,
Rote Kirschen, rote, runde Kirschen
Den begehrlich Drängenden verteilend:
“Du und du und du!” Doch jene Englein,
Denen ihren Anteil an den Kirschen,
Allzurasch getröstet, ihre Mütter
Weggenascht da unten auf der Erden,
Bleiben leer; für die sind keine Kirschen . . .
So die jungen Mütter meiner Heimat.
Und ihr glaubt dies? Und ihr traut Marien
Solche Härte zu? Da sind sie stille,
Sie erröten, ratlos. Eine fasst sich:
“Nein, wir glauben’s nicht; nicht von Marien.
Nur dass unsre Mütter auch so taten,
Nun, kurzum, wer weiß denn, wer kann wissen!
Ich möchte’ niemals Kirschen vor Johanni!”
Und die andern alle: “Ja, so ist es!” –
Liebe Mütter meiner schönen Heimat!

Hugo Salus 1866 – 1929; Gedichte zum Muttertag : Deutsch-böhmische Legende

 

An meine Mutter

Siehe! von all den Liedern nicht eines gilt dir, o Mutter:
Dich zu preisen, o glaub’s, bin ich zu arm und zu reich.
Ein noch ungesungenes Lied, ruhst du mir im Busen,
Keinem vernehmbar sonst, mich nur zu trösten bestimmt,
Wenn sich das Herz unmutig der Welt abwendet und einsam
Seines himmlischen Teils bleibenden Frieden bedenkt.

Ach, wie liebreich warst du der Welt und dientest allen!
Und wie klein doch, wie plump hat sie dich endlich verkannt!
Da entsagtest du ihr; doch lächelnd wehren die Deinen
Heute und gestern der Hand, die sich in Liebe vergisst.

Eduard Mörike 1804 – 1875; Muttertagsgedicht : An meine Mutter

 

Bei Überreichung eines Kranzes

Bin ich auch noch jung und klein,
Kann doch etwas sagen;
Will mich meiner Mama freu’n,
Ihr ein Kränzchen tragen.
Nimm die Blüten in die Hand,
Vater hat’s gebunden;
Blumen sind uns nah verwandt
In solch frohen Stunden.
Werd’ ich einst zur Schule geh’n:
Kann ich Verse schreiben;
Und ich will, Du sollst es seh’n,
Gut und artig bleiben.

Die Festtage des Lebens 1856; Gedicht zum Muttertag : Bei Überreichung eines Kranzes